Arbeitsgericht Die Stadt Müncheberg hat eine Einsatzkraft fristlos entlassen, weil diese trotz Krankschreibung den Löschwagen zum Brandort fuhr. Ein überzogener Schritt?
Sein Einsatz für das Ehrenamt hat ihn den Job gekostet, sagt die eine Seite in dem Arbeitsrecht-Streit um einen Feuerwehrmann aus Müncheberg im Kreis Märkisch-Oderland. Er hat seine Pflichten auf unverzeihliche Art und Weise verletzt, argumentiert die andere in Person von Bürgermeister Fritz-Georg Streichert. Jetzt wurde der Fall am Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) verhandelt.
Mitte Mai 2025 hatte der von der Stadt als Feuerwehr-Gerätewart beschäftigte Mann zeitgleich die fristlose und die ordentliche Kündigung erhalten. Dem vorausgegangen war, dass er während einer Krankschreibung an einem Löscheinsatz der freiwilligen Feuerwehr teilgenommen hatte. Der Bürgermeister in seiner Funktion als Vorgesetzter unterstellt dem Gerätewart das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, was die Kündigung des jungen Mannes rechtfertige.
Der Betroffene versteht die Welt nicht mehr und wehrt sich vor Gericht. Sein Job als Gerätewart mache ihm Spaß und es habe nie Kritik an der Arbeitsleistung gegeben, führt seine Anwältin in der Verhandlung am Arbeitsgericht aus. Er wolle mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht nicht mehr und nicht weniger als die Rückkehr auf seinen Posten erreichen.
Den Vorwurf, die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht zu haben, weist der Feuerwehrmann strikt zurück. Er räumt einen Fehltritt ein, nämlich trotz Krankschreibung in seiner Funktion als ehrenamtlicher Feuerwehrmann kurzentschlossen zu einem Einsatz gefahren zu sein. Er habe in diesem Moment helfen wollen und nicht daran gedacht, dass sich ein Einsatz während der Krankschreibung verbietet. Das tue ihm leid, sagt der Mann. Aber dafür die Kündigung auszusprechen, sei eine drastische und enttäuschende Reaktion des Arbeitgebers.
Um zu untermauern, in welch einer Zwickmühle ihr Mandant war, verweist die Anwältin darauf, dass er bei der Feuerwehr Falkenhagen der einzige gewesen sei, der das Einsatzfahrzeug führen konnte. Ohne ihn hätte die Wehr nicht zum Löschen des Brandes auf einem Solarfeld ausrücken können. Er habe innerhalb sehr kurzer Zeit eine Entscheidung treffen müssen.
Die Arbeitgeberseite hält dem entgegen, dass es ohne Wenn und Aber die Pflicht des Ehrenamtlers gewesen wäre, bei der Alarmierung auf seine Krankschreibung hinzuweisen. Dann hätte man Ersatz für diesen Löscheinsatz gefunden, gegebenenfalls bei anderen Wehren im Umkreis.
Wie ist das juristisch einzuordnen? Die Richterin erklärt in der Verhandlung, dass das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne. Der Arbeitgeber trage hier die Beweislast. Die Teilnahme an dem Löscheinsatz habe in diesem Sinne Beweiswert, führt die Richterin aus. Deshalb sei es an dem Kläger, darzulegen, dass er wirklich krank war. Gelinge ihm dies, würde man lediglich von „genesungswidrigem Verhalten“ während der Arbeitsunfähigkeit sprechen und das rechtfertige keine fristlose und wahrscheinlich auch keine ordentliche Kündigung.
Die Richterin blickt voraus: Man müsste nach Entbindung von der Schweigepflicht den Arzt hören, und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass dieser die von ihm selbst bescheinigte Arbeitsunfähigkeit des Mannes bestätigen werde. „Das ist schwierig für den Arbeitgeber, das ist ein Prozess-Risiko“, deutet die Richterin an, wohin die Reise gehen könnte.
Sie regt auch zur Vermeidung weiterer Verfahrenskosten einen Vergleich an und fragt beide Seiten, was sie sich vorstellen können. Doch da geht nichts: Der Kläger will nur zurück zur Arbeit, eine Abfindung, die wegen kurzer Betriebszugehörigkeit ohnehin gering wäre, interessiert ihn nicht. Bürgermeister Streichert wiederum sieht keine Möglichkeit für eine Rückkehr und hält an der Kündigung fest. Als mögliche Abfindung bietet er ein halbes Monatsgehalt an, was die Richterin „nicht ansatzweise“ angemessen findet. „Wie wäre es mit vier Monatsgehältern?“, fragt sie in die Runde. Aber darauf geht niemand ein, weil beide Seiten etwas anderes wollen.
Die Anwältin des Klägers hält dem Bürgermeister vor, eine „Personalbereinigungspolitik“ zu betreiben und ihm nicht genehme Leute loswerden zu wollen. Es gebe da mehrere Fälle in der Verwaltung. Nach der Verhandlung von dieser Zeitung darauf angesprochen, weist Fritz-Georg Streichert diese Vorwürfe als üble Nachrede zurück. „Ich werfe niemanden raus“, sagt er.
Zwei weitere Termine?
Seine strenge Haltung gegenüber dem Feuerwehrmann begründet er mit Verantwortung und Pflichtbewusstsein. Das sei gerade in Bezug auf das Rettungswesen unverhandelbar. Es gebe Befehlsketten, Hierarchien und Informationspflichten. Es sei seine Aufgabe als Hauptverwaltungsbeamter, diese Regeln durchzusetzen.
Der Rechtsstreit um die Kündigung wird also fortgesetzt. Die Richterin geht von zwei weiteren Terminen aus. Voraussichtlich werde man jetzt zunächst schriftlich eine Auskunft jenes Arztes einholen, der die Krankschreibung ausgestellt hat, kündigt sie an.