Von Euphoriezu Angst
Zu: Mit Rüstung in den Wahlkampf
Nach dem Tod meiner Tante war ich testamentarisch mit der Auflösung ihrer Wohnung betraut. Dabei fanden wir Feldpostbriefe von Heinz, ihrem Jugendfreund. In nur wenigen Jahren war er von Hass- und Hetzreden und deren Verbreitung in Zeitung und Rundfunk kriegswillig gemacht worden. Glücklich schien er, als der Krieg endlich begonnen hatte.
Demagogisch verblendet, ging er vom schnellen Endsieg aus. Von der fingierten Inszenierung des Kriegsbeginns wusste er sicherlich nichts.
In den ersten Feldpostbriefen berichtete er voller Stolz und Euphorie über das schnelle Vorankommen gen Osten. Als im Kriegsverlauf der feindliche Widerstand erbitterter wurde und die Kriegsauswirkungen auch bei den Soldaten spürbar waren, begann die Begeisterung allmählich zu weichen.
In seinem letzten Feldpostbrief kommen die Ausweglosigkeit und die Angst ums nackte Überleben zum Ausdruck. Dann kam keine Post mehr von Heinz.
In Erinnerung an den mir unbekannten Heinz und in Zusammenhang mit der aktuellen Weltpolitik frage ich mich immer öfter: Was haben wir Deutsche aus unserer Geschichte gelernt? Haben wir überhaupt etwas daraus gelernt, und ist es möglich, dass sich diese in weniger als 100 Jahren wiederholen könnte?