Historische Gaststätten rund um den Bötzsee
Geschichte Vor 100 Jahren gab es am See von Strausberg II (heute Eggersdorf) bis Spitzmühle viele besondere Restaurants. Dort herrschte schon zur Kaiserzeit Hochbetrieb.
Auch im ehemaligen Strausberg II, heute der Norden Eggersdorfs, gab und gibt es beliebte Gastro-Adressen mit langer Tradition. Wie das heutige Hotel „Villago“, das 1996 eröffnet wurde.
Zuvor befand sich an dieser Stelle jahrzehntelang das Lokal „Rotkäppchen“ – zeitweise auch „Rothkäppchen“ geschrieben. Zu DDR-Zeiten stand dort bis 1990 außerdem das „Seehotel“, das von der staatlichen Handelsorganisation (HO) betrieben wurde. „Neuerbaut“ galt es in einer Anzeige vom Mai 1900, als am Himmelfahrtstag der Wirt zu „Instrumentalconcert“ und Tanzkränzchen einlud.
Wohl schon wenig später übernahm August Reschke das Haus, ließ das Gartenrestaurant 1914 renovieren, sein Nachfolger Karl Bohn 1926 auch den Saal. Ein „noch nie gesehenes Riesenwasserfahrrad“ hatte unter Reschkes Regie 1906 zu Ostern seinen feierlichen Stapellauf. Bohn lud in den 1930er-Jahren zu italienischer Nacht (samt Mondscheinfahrt auf dem See), großem Sommernachtsball oder dem Anglertag im September 1933. Alte Fotos zeigen eine große Terrasse direkt am Ufer mit etlichen Booten davor.
Ein Gang durch die Geschichte
Unklar sind ein kleines Stück weiter die Ursprünge der ehemaligen Bauernschänke, heute die Trattoria „Casa Romana“. 1924 tauchen die ersten Inserate zu „Bannert’s Waldschänke“ in Hohenfließ am Bötzsee auf, der Wirt Georg Bannert unterzeichnete da anfangs mit „der fröhliche Schorchel“.
„Immer großer Jubel und Trubel“ wurde im Sommer 1925 geboten, „unter Mitwirkung meiner erstklassigen Kur-Kapelle, Bauern-Kapelle und der akademischen Schnaps- und Bierkuh“, was immer Letztgenannte auch gewesen sein mochte. „Im Schatten meiner Cocosnuß-Plantage“, ließ er verlauten, konnten Gäste draußen sitzen, bei Regen in den Blauen, Weißen und den Marmorsaal ausweichen.
In der nahen Bötzseestraße haben zwei Lokale das Ende des Zweiten Weltkriegs nicht überlebt. Eine gewisse Frau Kalkreuther war die erste Wirtin des „Waldeslust“, zur Einweihungsfeier waren Gäste am 17. Mai 1914 willkommen – mit Hinweis in der Zeitungsannonce auf schattigen Garten, schöne Veranda und französisches Billard. Sogar eine Doppel-Kegelbahn gab es schon.
Ein Jahrzehnt später übernahmen Reinhold Liedtke und seine Frau, 1925 wurde der neue Saal eingeweiht. Das „Waldfrieden“ stand wohl nicht weit entfernt. 1924 von Arthur Liebig (oder Fiebig) gegründet, übernahm schon im Folgejahr Bernhard Burmeister das Kurhaus mit Restaurant und Café in der sich nun schon Colonie Eggersdorf nennenden Siedlung, „20 Minuten vom Bahnhof Strausberg“ gelegen. Wie lange der letzte Wirt Herrmann Böttger ab 1930 noch mit dem Betrieb durchhielt, ist nicht überliefert.
Unterschiedliche Betreiber
Älteste gastronomische Adresse am Bötzsee war allerdings der „Hungrige Wolf“, an dessen ersten Betreiber (1898 bis 1902) Ferdinand Dam heute zumindest noch der Straßenname erinnert. Das Ausflugslokal in der noch jungen Villenkolonie Hohenfließ lockte vor allem im Sommer viele Ausflügler zur Einkehr.
Legendär als Gastgeber war dann bis Ende 1927 ein Vierteljahrhundert Paul Carow. Sohn Richard, der dann übernahm, führte unter anderem die Tradition der beliebten Sommernachtsbälle weiter. Zu DDR-Zeiten war es ein Kinderheim, nach dem Abriss 2006 erinnert nichts mehr an eine der renommiertesten Ausflugsgaststätten früherer Tage.
Dafür reckt das Seeschloss unmittelbar oberhalb des Sees seit über einem Jahrhundert mit altem Landhauscharme sein charakteristisches Türmchen in die Höhe. In mittlerweile vierter Generation wird das auch für Hochzeitsfeiern beliebte Hotel und Eiscafé nun von der Familie Hauser geführt. 1949 hatten der Braumeister Johann Hauser und seine Frau Emilie, aus Thorn im heutigen Polen, das sehr heruntergewirtschaftete Haus übernommen.
Nach Kriegsende residierten sowjetische Soldaten im Restaurant. Erbaut hatte das Hotel bis zur Eröffnung 1906 der Berliner Architekt Hermann Waldhausen, nach seinem Tod 1921 wechselten mehrfach die Besitzer.
Schon immer für Gäste da
Bereits damals, als 1898 und 1899 zunächst eine Frau Grundermann und danach Gottfried Neumann die ersten Inhaber des Lokals zwischen Fänger- und Bötzsee waren, gab es Fremdenzimmer und Ferienwohnungen.
Das Lokal hieß anfangs „Restaurant Spitzmühle“ und zog ab 1907 unter dem neuen Besitzer Heinrich Reinicke als „Alte Spitzmühle“ weiterhin Gäste an. Selten haben in Strausberg die Wirtsleute so oft gewechselt wie dort, nur Hans Kerschbaum von 1929 bis 1940 hielt deutlich länger durch. Zu DDR-Zeiten ein Ferienheim sind die Tore für Gäste seit 2011 verschlossen.
2014 ereilte die „Neue Spitzmühle“ das gleiche Schicksal als Ausflugsgaststätte. Inzwischen ist dort mit einem Seminarhaus als Rückzugsort neues Leben eingezogen, lockte unter anderem zur Naked Tea Party. Erbaut 1904 unter August Tietz (bis 1911), war vor einem Jahrhundert Johann Gärtner ab 1918 Gastwirt für die nächsten 24 Jahre, lud in Inseraten sein Publikum zu „Gartenfest mit Brillantfeuerwerk“, Erntefest mit Gartenkonzert und Auftritten diverser Musiker ein.
Dampferfahrten auf dem See
Die Seeterrassen kamen 1925 hinzu, schon Tietz hatte damals Dampferfahrten mit weiteren Stopps am „Hungrigen Wolf“ und „Rotkäppchen“ angeboten. Zum kleineren Motorboot Toni gesellte sich ab 1910 das neue Salon-Motorboot namens Anna. Zum Stapellauf am 19. April spielte die Stadtkapelle.
Eher simpler waren die kulinarischen Vergnügungen in der Postbruchhütte, die nach kurzer Wiedereröffnung im Vorjahr seit 2005 Geschichte ist. Wohl schon ab 1890 wurde an dieser Stelle Bier ausgeschenkt, die bescheidene Gaststätte gab es seit 1910, als dieser Treffpunkt schon gut etabliert war.