Flughafen Eine Ryanair-Maschine bricht das Nachtflugverbot in Schönefeld um zwei Minuten. Gegen den Piloten wurde ein Verfahren eröffnet – ihm droht eine Strafe.
Am 10. Januar 2025, zwei Minuten nach Mitternacht, setzt ein Flugzeug auf der Landebahn des Flughafens Berlin-Brandenburg auf. Damit hat die Ryanair Maschine eine derzeit heiß diskutierte rote Linie am BER überschritten: das Nachtflugverbot.
Der Flieger aus Manchester ist bislang der einzige in diesem Jahr, der das Verbot gebrochen hat, wenn auch nur um wenige Minuten. Denn die Regeln am Hauptstadtflughafen sind klar. Von 0 Uhr bis 5 Uhr sind keine regulären Starts und Landungen erlaubt. Am späten Abend zwischen 23 und 0 Uhr und am frühen Morgen zwischen 5 und 6 Uhr ist der Flugbetrieb nur unter bestimmten Bedingungen möglich. So dürfen zwischen 23.30 und 24 Uhr nur noch verspätete Flüge landen.
Der Fall wird in einem brisanten Moment bekannt, denn aktuell fordert einmal mehr Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine Aufweichung des Nachtflugverbots am BER. Auch die Flughafenchefin Aletta von Massenbach hat sich offen dafür gezeigt.
Minister verweist auf Rechtslage
Die irische Airline Ryanair klagt regelmäßig darüber, dass ihre Flugzeuge wegen weniger Minuten Verspätung über Berlin abdrehen müssen, um dann etwa in Hannover zu landen. Auch deshalb ist der Flughafen Neuhardenberg derzeit als möglicher Ausweichflughafen für nächtliche Flieger im Gespräch.
Brandenburgs Verkehrsminister Detlef Tabbert (BSW) verweist auf das geltende Recht aus dem Planfeststellungsverfahren. In dem sei bereits eine Verspätungsregelung von bis zu 30 Minuten festgelegt. Falls also ein Flugzeug acht Sekunden nach Mitternacht in Berlin ankomme, war „dieses Flugzeug dann mindestens 30 Minuten und acht Sekunden zu spät“, so der Minister.
Bei den Menschen, die in der Einflugschneise des Flughafens wohnen, sorgt die Regelverletzung von Ryanair für Unmut. Marcel Hoffmann, selbst Pilot und Erfinder der Hoffmann-Kurve, wohnt in der BER Umland-Gemeinde Eichwalde und beklagt den mitternächtlichen Lärm – vor allem, weil er die wiederholten Verspätungen von Ryanair für vermeidbar hält.
„Blockzeiten, also die Zeit, die das Flugzeug zwischen den Flügen am Flughafen verbringt, werden von Ryanair viel zu knapp bemessen“, erklärt Hoffmann. Damit wolle Ryanair das meiste aus ihren Flugzeugen herausholen und ihren Gewinn maximieren. „Weil aber nicht immer alles nach Plan läuft und keine Zeitpuffer eingeplant werden, hat Ryanair eine der höchsten Verspätungsraten in Europa.“
Laut einer Erhebung des Fluggastrecht-Portals „Flightright“ liegt Ryanair in Bezug auf Verspätungen auf dem drittletzten Platz in Europa: 37 Prozent aller Flüge der Airline sind im ersten Halbjahr 2025 mit einer Verspätung von mehr als 15 Minuten abgehoben. Noch häufiger Verspätung hatten nur die Flüge von British Airways und Easyjet.
Der Fall der verspäteten Ryanair-Maschine mit Flugnummer FR 1145 am 10. Januar 2025 lässt sich anhand der gespeicherten Flugdaten rekonstruieren. Der Flieger sollte laut Flugplan am 9. Januar um 20 Uhr in Manchester losfliegen und um 22.55 Uhr in Berlin landen. Das Flugzeug hob aber erst um 21.25 Uhr vom Flughafen MAN ab – also mit einer Verspätung von einer Stunde und 25 Minuten.
Als die Maschine dann schlussendlich um 0.02 Uhr in Berlin landete, war sie laut Flugdaten 1 Stunde und 37 Minuten in der Luft gewesen. Bei Start- und Landezeiten muss man die Stunde Zeitverschiebung zwischen Großbritannien und Deutschland beachten. Nun stellt sich die Frage, ob der Pilot nicht bereits beim Start hätte ahnen können, dass er erst nach dem Landeverbot am BER in Berlin ankommt.
Ein Blick auf die Flugzeiten der zwölf vorangegangen Tage auf derselben Linie zeigt: Ein Flug von Manchester nach Berlin dauert im Schnitt etwa 100 Minuten. Als der Pilot also um 21.25 in Manchester abhob, hätte er damit rechnen müssen, erst um fünf Minuten nach Mitternacht in Berlin anzukommen. Trotzdem flog er den BER an und nicht etwa direkt zum üblichen Ausweichflughafen in Hannover.
Ryanair will sich auf Anfrage nicht zur verspäteten Landung am 10. Januar 2025 und dem Verhalten des Piloten äußern, so Sprecher Marcel Meyer. Der konkrete Fall sei nicht bekannt. Zum Vorwurf, die Verspätung sei durch fehlende Zeitpuffer der Airline verursacht worden, sagt Meyer allgemein: „Wir haben eine enge Taktung zwischen den einzelnen Flügen, das ist ja unser Geschäftsmodell.“ Diese enge Taktung habe aber nicht zum Bruch des Nachtflugverbots geführt.
Marcel Meyer sieht die Verantwortung für die Verspätungen der Airline bei anderen: „Oft sind Verzögerungen von der europäischen Flugsicherung oder Abfertigungsprobleme an Flughäfen Ursache.“
Keine Ausnahmegenehmigung
Die Landung des Flugs FR 1145 im Januar ist aber durchaus etwas Besonderes. Robert Ertler, Sprecher der Deutschen Flugsicherung (DFS), erklärt: „Unsere Freigabe gilt nur bis zum offiziellen Betriebsende, im Falle des BER bis 24 Uhr“, so der DFS-Sprecher. Spätere Landungen benötigen eine Ausnahmegenehmigung der Oberen Luftfahrtbehörde. Üblicherweise würden Piloten aber zu einem vorher im Flugplan festgelegten Ausweichflughafen fliegen. „Wenn der Pilot ohne die Ausnahmegenehmigung trotzdem landet, begeht er eine Ordnungswidrigkeit“, so Ertler.
Auf Anfrage erklärte die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (LuBB), dass im Falle des Fluges FR 1145 am 10. Januar 2025 keine Ausnahmegenehmigung für eine verspätete Landung erteilt, dafür aber im Nachhinein ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Piloten eröffnet wurde. Dieses sei bislang noch nicht abgeschlossen. Welche Strafe dem Piloten genau droht, ist noch offen.
Da es sich um ein Verfahren mit „Auslandsbezug“ handele, müsse mit einer längeren Bearbeitungsdauer gerechnet werden. Weitere ähnlich gelagerte Verstöße am BER von verspäteten Landungen in der Nachtkernzeit habe es im Jahre 2025 nicht gegeben, so die Behörde.