Artenschutz Der Senat von Berlin zieht den Baubescheid für ein Stadtviertel am S-Bahnhof Pankow zurück. 2000 Wohnungen, Kita, Schule und Möbelhäuser sind geplant.
Beim Neubauprojekt Pankower Tor in Berlin geht es um 2000 bis 2500 neue Wohnungen, zwei Kitas, eine Grundschule, einen neuen Stadtpark, ein Möbelhaus und Einzelhandel. Doch der Baustart für das neue Stadtviertel, das Möbel-Höffner-Besitzer Kurt Krieger seit nunmehr 16 Jahren auf dem ehemaligen Rangierbahnhof in Pankow errichten will, ist erneut in der Warteschleife.
Grund ist wieder einmal die Kreuzkröte. Das rund 40 Hektar große ehemalige Bahngelände östlich vom S- und U-Bahnhof Pankow ist laut Naturschutzbund (Nabu) das einzige Gebiet, in dem das vom Aussterben bedrohte Tier in Berlin lebt.
Nabu-Klage gegen Bauprojekt
Über die geplante Umsiedlung der streng geschützten Kröte wird schon seit Jahren diskutiert. Über das künftige Baugrundstück verläuft aber ein rund 1,60 Meter mal zwei Meter großer Regenwasserkanal, den die Berliner Wasserbetriebe seit Jahren in die angrenzende Granitzstraße verlegen wollen.
Weil aber die wichtige Verbindungsstraße dafür gesperrt werden müsste, hatte Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU), die gleichzeitig für Umweltthemen sowie die Obere Naturschutzbehörde zuständig ist, den Wasserbetrieben mit einer artenschutzrechtlichen Ausnahme gestattet, eine temporäre Umgehungsstraße sowie eine 1,7 Hektar große Baustelleneinrichtungsfläche auf dem Gebiet des Pankower Tores zu errichten.
Dagegen hatte der Naturschutzbund Nabu im Frühjahr Klage eingereicht. „Hintergrund war ein von Senatorin Bonde persönlich unterzeichneter Bescheid, der den Berliner Wasserbetrieben (BWB) erlaubt hätte, streng geschützte Kreuzkröten und Zauneidechsen einzufangen und umzusetzen“, heißt es dazu vom Nabu. Die Senatorin hätte damit eine „massive Störung des Lebensraums“ von Kreuzkröten, aber auch von Zauneidechsen, Ringelnattern und Vögeln in Kauf genommen.
Ende September hat die zuständige Senatsverwaltung den Bescheid nun von sich aus zurückgezogen. Man wolle damit jahrelange juristische Auseinandersetzungen umgehen und lieber gemeinsam mit allen Beteiligten eine Lösung finden, erklärte Sprecherin Petra Nelken.
Regenwasserkanal liegt im Weg
Die erneuten Streitigkeiten um Kreuzkröte und Co könnten den Baustart für das Stadtviertel, über dessen konkrete Entwicklung Investor, Bezirk und Senat zuvor jahrelang diskutiert hatten, erneut verzögern. „Der Kanal liegt einer Bebauung der Brache im Wege“, erklärt auch Stephan Natz, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe. „Kanäle und andere öffentliche Infrastrukturen verlaufen normalerweise unter öffentlichen Straßen und nicht auf privaten Grundstücken“, betont er. „Für uns als Betreiber des Regenkanals ist es hinderlich, bei technischen Problemen oder Störungen immer bei einem Grundstückseigentümer ein Betretungsrecht erfragen zu müssen.“
„Das Pankower Tor hat zwar eigentlich mit dem Regenwasserkanal nichts zu tun, aber wenn der Naturschutz beim Bauprojekt genauso behandelt wird wie bei der Umverlegung des Regenwasserkanals werden wir unser Ziel, mit dem Bauen Ende 2026 zu starten, nicht erreichen“, hatte Kurt Krieger schon Mitte September auf einer Pressekonferenz betont.
Der Möbel-Milliardär hat eigene Gutachten über die Kreuzkröte erstellen lassen und schon längst einen Umzugsplan für sie in der Tasche. 2024 hatte Krieger dazu die Kleingartenkolonie „Feuchter Winkel“ gleich neben dem künftigen Bau-Feld von der Bahn abgekauft und den 39 Kleingärtnern Abfindungen gezahlt. Die leer gezogene Kleingartenanlage soll nach Kriegers Plänen nun in ein Kreuzkröten-Habitat umfunktioniert werden.
Doch bevor die Kröten in ihr neues Zuhause umziehen können, müssen wiederum Experten der Oberen Naturschutzbehörde prüfen, ob die Lebensbedingungen für die Tiere dort auch wirklich ausreichend sind. Dabei ginge es unter anderem darum, ob die Kreuzkröten genug Nahrung finden und keine anderen geschützten Arten verdrängten, erklärt Behördensprecherin Nelken.
Diese Fragen müssten Fachleute in den kommenden Monaten klären. „Die Erteilung einer neuen artenschutzrechtlichen Ausnahme wird derzeit geprüft“, so Nelken.