Medizinische Versorgung Die junge Medizinerin Lisa Liebich wechselt aus dem Krankenhaus Angermünde in die Selbstständigkeit und wird Nachfolgerin von Internist Volker Patzschke.
Viele niedergelassene Ärzte in der Uckermark suchen händeringend Nachfolger. Dreieinhalb Jahrzehnte nach der Wende und der damit verbundenen Umwandlung des Gesundheitssystems steht ein Generationswechsel an. Wie gelingt der in Angermünde?
Bei Hausärzten hat sich der drohende Ärztemangel hier inzwischen etwas relativiert. Junge Mediziner rücken nach, übernehmen oder eröffnen neue Praxen. Eine von ihnen ist Lisa Liebich. Die junge Frau tritt die Nachfolge von Volker Patzschke an.
Der beliebte und erfahrene Hausarzt und Internist gibt nach fast 25 Jahren seine Praxis in jüngere Hände. Mit Lisa Liebich hat er die perfekte Nachfolgerin gefunden. „Wir kommen beide aus dem Angermünder Ortsteil Welsow. Im Dorf kennt man sich. Früher hatte ich manchmal gewitzelt, dass ich vielleicht in seine Fußstapfen trete. Jetzt ist es tatsächlich so gekommen, weil alles auch zeitlich passt“, freut sich die junge Ärztin.
Ein Glücksgriff, findet auch Volker Patzschke, der nicht nur großes Vertrauen in die Nachfolgerin setzt, sondern auch einen nahtlosen Übergang vollziehen kann. Lediglich eine Woche blieb die Praxis wegen des Wechsels geschlossen. Jetzt geht es weiter.
Nach dem Abitur im Einstein-Gymnasium Angermünde 2010 studierte Lisa Liebich, geborene Wulkow, mit einem GLG-Stipendium an der Uni Greifswald Medizin. Mit dem Stipendium ist die Verpflichtung verbunden, nach dem Studium zurückzukehren und drei Jahre in der GLG zu arbeiten. Damit sollen junge Ärzte in der Region gehalten werden.
Für Lisa Liebich käme ohnehin nichts anderes infrage. „Ich hatte schon während des Studiums ein Praktikum im Krankenhaus Angermünde gemacht und mich dort sehr wohl gefühlt. Deshalb habe ich dort auch meine Facharzt-Ausbildung für Innere Medizin gemacht. Ich hatte mit Chefarzt Dr. Christoph Arntzen einen tollen Mentor und bin dankbar für die sehr gute Ausbildung. Es war ein schönes Arbeiten“, betont Lisa Liebich.
Trotz zahlreicher Job-Angebote in Berlin wollte sie in Angermünde bleiben. Jetzt wechselt sie aus dem Krankenhaus in die eigene Praxis, aus der Elternzeit mit ihrem zweiten Kind direkt in die Selbstständigkeit als niedergelassene Hausärztin. Sie übernimmt die Praxis des Diplom-Mediziners Volker Patzschke in Angermünde, Berliner Straße 1.
Die junge Ärztin hat für die Praxisübernahme von der Stadt Angermünde eine Förderung von rund 50.000 Euro erhalten. Das Geld sei eine hilfreiche finanzielle Unterstützung nach dem Kauf der Praxis für die Ausstattung und Renovierung, vor allem für die IT-Umrüstung, die das Gros der Mittel verschlingt, so Liebich.
„Das ist schon eine große Umstellung und Herausforderung, jetzt selbstständig mit eigener Praxis zu arbeiten. Aber ich wollte mit zwei kleinen Kindern nicht mehr 24-Stunden- und Wochenenddienste in der Klinik machen, obwohl ich mich dort im Team sehr wohl gefühlt habe. Das Krankenhaus Angermünde ist nicht so unpersönlich und riesig“, gesteht Lisa Liebich.
„Vor allem aber möchte ich noch näher an den Patienten sein. Als Hausarzt kann man langfristig Bindungen und Vertrauen aufbauen, die Patienten auch mit ihrem Umfeld kennenlernen und Anteil nehmen. Das funktioniert in der schnellen Akutmedizin einer Klinik eher seltener“, erklärt die junge Ärztin. Da hat sie in Volker Patzschke ein großes Vorbild. Seit 43 Jahren ist er Arzt mit Leib und Seele, viele Jahre im Krankenhaus Angermünde, seit fast 25 Jahren mit eigener Praxis. Vieles habe sich verändert, von Digitalisierung, neuer Technik bis zu halbherzigen Reformen des Gesundheitssystems.
Sein Anspruch an den Arztberuf, vor allem eines Hausarztes, ist für ihn unverändert: „Ein Facharzt sieht Patienten oft nur zu drei, vier Konsultationen, das Krankenhaus nur wenige Tage. Aber ein Hausarzt lebt mit seinen Patienten und ist oft Teil ihres Lebens, vor allem bei älteren und chronisch kranken Menschen, die den Großteil in unserer ländlichen Region ausmachen. Als Hausarzt kennt man die Familien und deren Geschichten, sieht Generationen heranwachsen. Das schafft viel Vertrauen und Menschenkenntnis“, sagt Volker Patzschke.
Doch jetzt sei die junge Generation am Zuge, findet er. Seit dem 1. Oktober steht nun Lisa Liebich auf dem Schild der Hausarztpraxis.
Für die Patienten ändert sich nicht viel. Lisa Liebich übernimmt alle Patienten von Volker Patzschke, auch in den Pflegeheimen. Mit der Aufnahme neuer Patienten hält sie sich allerdings noch zurück und will sich erst einmal in der Praxis einarbeiten.
Als Fachärztin für Innere Medizin bietet sie alle Leistungen an, von der allgemeinen Hausarztversorgung über Impfungen, Prävention, Ultraschall, Blutuntersuchungen bis zu Hausbesuchen. „Mein besonderes Interesse sind die Lungenheilkunde und internistische Erkrankungen, da bin ich vom Krankenhaus Angermünde und Chefarzt Dr. Arntzen geprägt“, sagt Lisa Liebich.
Auch die Mitarbeiter der Praxis Patzschke bleiben. „Das sind vertraute Gesichter für die Patienten“, schmunzelt Lisa Liebich, die sich aber sicher ist, selbst auch schnell Fuß und Vertrauen zu fassen. „Ich freue mich auf meine neue Aufgabe. Hausarzt zu sein, ist für mich etwas Besonderes, eine besondere Verantwortung. Man behandelt den Patienten ganzheitlich und ist auch eng mit den Familien verbunden, oft über Generationen“, beschreibt die junge Ärztin ihr Credo.
1250 Patienten pro Quartal
Doch auch ohne Klinik-Schichten und 24-Stundendienste wird es als niedergelassene Ärztin künftig nicht einfach, weiß die junge Mutter von zwei Söhnen (vier und ein Jahr). Bei durchschnittlich 1250 Patienten im Quartal in der Praxis und immer mehr Bürokratie sind die Belastungen für Hausärzte im ländlichen Raum hoch. Volker Patzschke kann ein Lied davon singen. Er engagiert sich seit Jahren in verschiedenen Gremien, wie Ärztekammer, KV und Landes- und Bundesverband der Internisten.
Nach Ende der Sprechzeit ist für die frisch gebackene Hausärztin Lisa Liebich noch lange nicht Feierabend. Auch Notfälle und Hausbesuche gehören dazu. Zumal pendelt sie noch täglich nach Bernau, wohin sie zu ihrem Mann gezogen ist. Doch bald möchte sie ganz zurück nach Angermünde kommen, ist sich Lisa Liebich sicher.