Es bleibt unruhig

  • Karina Schönmaier und Timo Eder bei der Mixed-EM in Leipzig, in der Mitte Trainer Anatol Ashurkov. Marijan Murat

Turnen Die DTB-Athleten wollen bei der WM in Jakarta überzeugen. Doch auch diesmal wird ihr Auftritt von Nebengeräuschen begleitet.

Der Fokus lag auch diesmal nicht uneingeschränkt auf dem Sport. Wenige Tage vor Beginn der Weltmeisterschaften am Sonntag in Jakarta sah sich der Deutsche Turner-Bund plötzlich mit dem von der indonesischen Regierung forcierten Ausschluss der israelischen Sportler konfrontiert. Dabei hat der Verband seit Monaten mit der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals selbst alle Hände voll zu tun. Die unruhigen Zeiten für den DTB dauern vor dem Saisonhöhepunkt an – für positive Schlagzeilen soll bei der WM nun ein 20-jähriger Shootingstar sorgen.

Als Doppel-Europameisterin ist Karina Schönmaier nach Ja- karta gereist, die Bremerin schaffte bei der Heim-EM in Leipzig im Mai mit Goldmedaillen am Sprung und im Mixed den internationalen Durchbruch. Ihre dritten Titelkämpfe geht sie daher mit hohen Erwartungen an: „Ich möchte gerne vorne mitspielen“, sagt sie selbstbewusst. Am Sprung ist die Finalteilnahme das Minimalziel, auch am Boden und im Mehrkampf rechnet sich Schönmaier Finalchancen aus.

Isreal darf nicht starten

Doch weil es in Jakarta keine Mannschaftsentscheidung geben wird und daher vor allem starke Individualisten an den Start gehen, bremst DTB-Sportvorstand Thomas Gutekunst die Erwartungen: „Wir wollen uns nicht verstecken, aber wir wissen, dass es auf diesem Niveau wirklich schwierig wird, ganz vorne mitzumischen.“ Bei den Männern, bei denen unter anderem Barren-Europameister Nils Dunkel und Timo Eder für Deutschland antreten, gelte es, möglichst nahe an die Finals heranzukommen.

Die Störgeräusche rund um den Ausschluss der israelischen Delegation für die Wettkämpfe, die bis zum Samstag dauern, will Gutekunst hinter sich lassen. Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass die indonesische Regierung wegen des Gaza-Kriegs keine Visa für israelische Athletinnen und Athleten ausstellen wird. Der DTB hatte in einem Statement mit Unverständnis auf diese Entscheidung reagiert und den betroffenen Sportlern Unterstützung signalisiert, der internationale Sportgerichtshof lehnte den Antrag auf „dringende einstweilige“ Gegenmaßnahmen allerdings ab. Die CAS-Entscheidung, die einer Bestätigung des Ausschlusses der Israelis gleichkam, „haben wir zur Kenntnis genommen“, sagte der Sportvorstand – weiter äußern wolle er sich zu der Thematik nun nicht mehr.

Was den DTB hingegen noch lange Zeit beschäftigten wird, sind die zu Beginn des Jahres aufgekommenen Missbrauchsvorwürfe von teils ehemaligen Athletinnen gegenüber Trainerinnen und Trainern an den Stützpunkten in Stuttgart und Mannheim. Seit Monaten laufen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen mutmaßlicher körperlicher und seelischer Gewalt – „wir haben die Information, dass diese bis Ende des Jahres abgeschlossen sein sollten“, sagt Gutekunst. Danach könne der Verband selbst mit der Aufarbeitung beginnen.

In Zusammenarbeit mit den Landesverbänden sei zuletzt bereits eine stärkere Einbindung der Eltern forciert worden, in den Trainingshallen sei verstärkt auf Verhaltensregeln aufmerksam gemacht worden. Auch das Konzept des geplanten Zentrums für Safe Sport als politisch geförderte Einrichtung für Intervention, Prävention und Aufarbeitung von Fällen sexualisierter und interpersonaler Gewalt, die eine zusätzliche Anlaufstelle für Betroffene bieten kann, begrüßt Thomas Gutekunst. Jedoch soll das Zentrum nun erst ab Mitte 2027 und damit später als ursprünglich geplant in den Regelbetrieb gehen.

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