Energie-Giganten am Horizont
Repowering Altlandsberg bekommt einen Windpark der Superlative: Bis zu 245 Meter hohe Anlagen sollen ab 2028 Strom liefern. Auch die Bürger sollen profitieren. Trotzdem bleiben viele Fragen.
Es sind Dimensionen, die bei Anwohnern Schwindel auslösen: Fast 250 Meter hoch sollen die neuen Windräder in Altlandsberg werden – höher als der Berliner Dom, fast so hoch wie der Fernsehturm im Osten der Bundeshauptstadt bis zur ersten Plattform. Wenn sie sich erst drehen, sind sie von Strausberg bis an den Berliner Rand zu sehen. Die zentrale Frage bei den Informationsveranstaltungen zu dem ambitionierten Vorhaben lautete daher: Was bringen die neuen Anlagen eigentlich den in der Region lebenden Menschen?
Die Berliner Firma Greenwind will den bestehenden Windpark Altlandsberg modernisieren und erweitern. Alte Anlagen aus den frühen 2000er-Jahren sollen abgebaut, neue mit deutlich höherer Leistung errichtet werden. Im ersten Bauabschnitt sind fünf Windkraftanlagen nördlich von Wegendorf vorgesehen, im zweiten – dem sogenannten Repowering – sollen neun alte Turbinen ersetzt werden. Jede neue Windkraftanlage vom Typ Nordex N163 6X erreicht eine Nabenhöhe von 163 Metern, eine Gesamthöhe von 245,5 Metern und eine Leistung von sieben Megawatt. Laut Greenwind könne jede davon rund 16.000 Megawattstunden Strom pro Jahr erzeugen, genug für etwa 4500 Haushalte. Zusammen sollen die neuen Anlagen rund 64.000 Haushalte versorgen.
Laut Projektleiter Sebastian Olbrich ist der Baustart frühestens 2028 denkbar. Zuvor müsse der Flächennutzungsplan geändert und das Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz abgeschlossen werden. Das soll laut des ambitionierten Zeitplans noch im laufenden Jahr und 2026 geschehen. 2028 könnten sich laut Olbrich die ersten neuen Rotoren drehen. Die Firma betont, dass im Genehmigungsverfahren Umwelt- und Naturschutz, Lärm, Schattenwurf, Denkmalschutz und Flugsicherheit umfassend geprüft werden.
Finanzieller Vorteil
„Wir sind gesetzlich verpflichtet, die Regionalplanung umzusetzen“, sagte Bürgermeister Michael Töpfer auf der Veranstaltung. „Verhindern können wir das Projekt nicht. Aber wir können versuchen, den größtmöglichen Nutzen für unsere Ortsteile zu erreichen.“ Brandenburg müsse bis 2032 rund 2,2 Prozent seiner Fläche für Windenergie ausweisen – Wegendorf, Wesendahl, Werneuchen und Buchholz lägen mitten in einem Vorranggebiet.
Was dieser Nutzen sein kann, erläuterte Greenwind ausführlich. Neben dem gesetzlichen Windkrafteuro – 10.000 Euro pro Anlage und Jahr – sollen Gemeinden nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz auch an den Erträgen beteiligt werden. Das könnten laut des Unternehmens rund 520.000 Euro jährlich für Altlandsberg sein, wenn alle Anlagen stehen. Doch das dauert. „Diese Summen klingen groß, aber sie fließen erst, wenn die neuen Windräder laufen“, mahnte Töpfer.
Verschiedene Modelle
Damit die Bürger schon vorher profitieren, bietet Greenwind weitere Modelle an: Einen Strombonus für registrierte Haushalte, die einen Ökostromtarif nutzen, oder einen Bürgerstromtarif über das Gemeindewerk, bei dem der lokal erzeugte Strom günstiger angeboten wird. Außerdem seien Nachrangdarlehen mit festen Zinsen und eine Beteiligung an der Betreibergesellschaft einzelner Anlagen denkbar. Wer alles davon profitieren kann, das ist noch nicht endgültig geklärt. Er denke dabei vor allem an direkt betroffene Anwohner in Wegendorf, Wesendahl und Buchholz auf Altlandsberger Seite sowie in Werneuchen, sagte Projektleiter Olbrich.
Töpfer und der Wegendorfer Ortsvorsteher Markus Wenzel favorisieren dagegen eine weitere vorgestellte Variante der Bürgerbeteiligung: Dabei sollen Vereine und Projekte in den betroffenen Ortsteilen 50.000 Euro jährlich bekommen – etwa für Feuerwehr, Jugend oder Kultur.
Doch nicht alle sind überzeugt. „Bis das Geld wirklich ankommt, drehen sich die Windräder längst“, sagte ein Bewohner aus Wegendorf. Eine Frau fragte, ob die neuen Riesen nachts blinken? Projektleiter Olbrich beruhigte: „Die Beleuchtung wird bedarfsgesteuert. Sie leuchtet nur, wenn sich ein Flugzeug nähert.“ Auch der Rückbau alter Fundamente werde geregelt – neue Türme könnten darauf nicht errichtet werden, antwortete der Projektleiter auf Nachfrage.
Einige Besucher kritisierten die schiere Größe der geplanten Anlagen. „245 Meter – das verändert alles – das ganze Wohnumfeld“, meinte ein Wegendorfer. Greenwind verwies auf die technische Effizienz: weniger Anlagen, aber mehr Leistung. In Zahlen: Die neuen Turbinen erzeugen mehr als doppelt so viel Energie wie die alten, die abgebaut werden sollen.
Trotz aller Bedenken blieb es sachlich. Viele Einwohner nutzten die Gelegenheit, im Gespräch und an Informationstafeln ihre Meinung zu den Beteiligungsmodellen zu äußern. Altlandsberg will die Vorschläge nun in den Ortsbeiräten diskutieren lassen. „Wichtig ist, dass die Ortsteile mitreden, wofür die Einnahmen eingesetzt werden“, sagte Töpfer. Bleibt die Frage, ob Geld allein reicht, um Akzeptanz in der Bevölkerung für die riesigen Windräder zu schaffen.
Damit die Bürger schon vorher profitieren, bietet Greenwind weitere Modelle an.