Quälerei oder notwendig für den Sport?
Diskussion Tierschützer beklagen den Einsatz von Peitschen bei Galopprennen auf der Rennbahn Hoppegarten. Wie reagieren die Verantwortlichen auf die Vorwürfe?
Die Rennbahn-Saison in Hoppegarten ist am 3. Oktober mit dem Renntag der Deutschen Einheit zu Ende gegangen. Für die Tierrechtsorganisation Peta ist es damit nicht vorbei. Ihr zufolge ist es besonders beim Idee-Kaffee-Preis zu „heftigen Peitschenschlägen auf der Zielgeraden“ gekommen. Ausgerechnet in dem Rennen, welches das Pferd mit Namen Self Solution nicht beenden konnte. Doch zumindest für den Wallach, dessen Jockey das Rennen vorzeitig abbrach, soll es Entwarnung geben. „Richtig ist, dass ein Pferd im siebten Rennen vom Reiter vorsichtshalber angehalten worden ist. Das Tier wurde daraufhin der Tierärztin vorgestellt. Es war lahmfrei“, teilt Cem Herder, Sprecher der Rennbahn Hoppegarten, auf Nachfrage mit. Wie er ergänzt, soll der Trainer im Nachgang bestätigt haben, dass das Pferd nicht lahmt sowie gesund ist und „normal trainiert“ wird.
Tierschützer hoffen auf Behörde
Bleibt die Frage nach den Peitschenhieben: Peta hat sie beim Veterinäramt Märkisch-Oderland angezeigt. Dieses geht dem Vorwurf aber nicht nach. Es sei alles regelkonform abgelaufen. Peter Höffken, Fachleiter bei Peta, möchte das nicht so stehen lassen. „Den Ausführungen haben wir bereits widersprochen und hoffen, dass sich die Behörde doch noch mit dem Fall befasst.“
Die Rennbahn, die im Prinzip selbst kontrolliert, ob es zu Verstößen kommt, weist jegliche Vorwürfe von sich. „Die Rennleitung in Hoppegarten beobachtet genau, ob ein Reiter die Peitsche öfter als die maximal erlaubten drei Male einsetzt und ob die verbotenen Flanken des Pferdes statt des Hinterteils damit getroffen werden. Die Rennleitung hat am 3. Oktober keinen Peitschenmissbrauch festgestellt und entsprechend auch keine Strafen erteilt“, so Herder.
Aber was ist ein regelkonformer Einsatz der Peitsche? Eigentlich ein Widerspruch, meint Höffken: „Dass sich sowohl die Rennvereine und sogar teils auch die Veterinärämter auf die ‚erlaubten‘ drei Schläge berufen, ist erstaunlich. In keinem Gesetz und keiner Verordnung steht, dass man Pferde bei Rennen dreimal schlagen darf.“ Wie kann es also sein, dass hierzulande drei Schläge akzeptiert werden? Höffken erklärt, dass der Rennverband sich einfach eigene Statuten gegeben hat, wonach drei Schläge erlaubt sind. „Das sind aber nur Verbandsstatuten, ohne rechtliche Grundlage. Tatsächlich darf man Pferde oder andere Tiere laut Tierschutzgesetz überhaupt nicht schlagen.“
Mit der Kritik an Peitschenhieben bei Pferderennen ist Peta nicht allein. Der Deutsche Tierschutzbund setzt sich deswegen sogar für ein Ende des Galopprennsports ein. Und untermauert seine Kritik mit Zahlen. So heißt es in einer seiner Mitteilungen, dass Peitscheneinsätze die Liste der Tierschutzverstöße 2024 beim Galoppsport anführten: „73-mal nutzten Jockeys die Peitsche zu häufig oder falsch. 18 Pferde lahmten infolge von Galopprennen, in 16 Fällen trat bei eingesetzten Pferden Nasenbluten auf.“
Andere Länder mit Verbot
Die Rennbahn Hoppegarten, wo es am 3. Oktober auch ein Rennen um den Preis des Landkreises Märkisch-Oderland gab, sieht Deutschland in Sachen Tierwohl in einer Vorreiterposition. „Deutschland gehört mit drei Peitscheneinsätzen zu den restriktivsten Ländern weltweit – gerade in Bezug auf die großen Galoppsportnationen Irland (acht Schläge) Großbritannien (6) und Frankreich (4)“, lässt Cem Herder schriftlich wissen.
Dabei gibt es inzwischen durchaus Länder, wo Peitschenschläge bei Pferderennen verboten sind: in Schweden, der Schweiz und den Niederlanden. Warum nicht auch in Deutschland oder in Brandenburg? „Die Rennbahn Hoppegarten kann nicht aus dem Regelwerk des Deutschen Galopp e.V. ausscheren und den Peitscheneinsatz im Alleingang völlig verbieten“, sagt Sprecher Herder.
So werden wohl auch in der kommenden Saison 2026 Pferde hierzulande mit Peitscheneinsatz zu Höchstleistungen getrieben, wie es der Deutsche Tierschutzbund formuliert. „Der Preis, den sie dafür zahlen, ist hoch. Sie stürzen, brechen sich die Beine und gehen über ihre natürlichen Grenzen hinaus. Solch eine Leistung würden sie in freier Wildbahn nur in einer lebensbedrohlichen Situation erbringen“, so Andrea Mihali, Pferdeexpertin beim Deutschen Tierschutzbund.
Sie stürzen, brechen sich die Beine und gehen über ihre natürlichen Grenzen hinaus. Andrea Mihali Pferdeexpertin