Ausbau läuft auf Hochtouren

  • Zurzeit geschlossen: Die Gedenkstätte für Opfer politischer Gewaltherrschaft in Frankfurt (Oder) wird erweitert und umgestaltet. Foto: Thomas Gutke

Investition Die Gedenkstätten-Erweiterung in Frankfurt stand anfangs auf finanziell wackligen Füßen. Inzwischen geht das Bauprojekt auf die Zielgerade. Was Besucher künftig erwartet.

Der neue Eingang zur Gedenkstätte für Opfer politischer Gewaltherrschaft an der Oderpromenade strahlt viel beklemmende Symbolik aus. Wie eine Heftklammer umspannen mehrere massive Rahmen den Glaskasten, in dem sich früher ein Café befand. Die Konstruktion soll für eine Verschattung im Empfangsbereich sorgen. Aber die eng aneinandergereihten Gestelle erinnern auch an Gitterstäbe – und führen damit unmittelbar vor Augen, was sich im dahinterliegenden Gebäude über Jahrzehnte befand: eine Haftanstalt und Hinrichtungsstätte.

Vor gut elf Monaten startete der Umbau der zum städtischen Museum Viadrina gehörenden Gedenkstätte. Bis dahin waren die Möglichkeiten, die dunklen, gewaltvollen Seiten der Stadtgeschichte darzustellen, eher begrenzt. Jetzt entsteht ein moderner Ausstellungs- und Veranstaltungsort. Möglich machen das Mittel aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR (PMO-Mittel).

Erst noch ein Anbau vorgesehen

1,935 Millionen Euro an PMO-Mitteln waren Frankfurt (Oder) zunächst für das Projekt zugestanden worden. Grundlage bildete eine bereits länger existierende Machbarkeitsstudie für die Neuausrichtung der Ausstellungsräume. Anfangs war auch ein Anbau vorgesehen, um damit zusätzlich Platz für die Heimkehrergeschichte zu schaffen – ein herausragendes, aber wenig beachtetes Kapitel in der Geschichte der Stadt. Hunderttausende Kriegsheimkehrer, politische Gefangene, Zivilverschleppte wurden in Frankfurt (Oder) nach 1945 in die Freiheit entlassen.

Doch für einen Anbau war das Geld zu knapp, sodass zunächst ein erster Bauabschnitt gebildet wurde, der sich auf Umbauten im Bestandsgebäude konzentriert. Kurzzeitig stand sogar die abgespeckte Variante auf der Kippe, nachdem die Kosten gleich zu Beginn aus dem Ruder zu laufen drohten. Die Rohbauarbeiten kosteten statt der kalkulierten 250.000 Euro plötzlich 354.000 Euro. Doch die Mehrheit der Fraktionen in der SVV gab damals ihre Zustimmung.

Inzwischen zeichnet sich ab, „dass die Erweiterung der Gedenkstätte die Stadtkasse nicht belasten wird, zumindest nicht bis zum heutigen Tag“, informierte Museumsleiter Tim Müller am Mittwoch (1.10.) im Gemeinsamen Ausschuss der Doppelstadt. Zwar hat es einen leichten Kostenaufwuchs gegeben – von 1,9 auf insgesamt rund 2,1 Millionen Euro. Doch das Land habe „sich bereit erklärt, noch etwas Geld nachzuschießen“, sagte Tim Müller.

Eine Bedingung für den Verbau der Fördermittel: Sie müssen bis zum 31. Dezember 2025 ausgegeben sein. Die Zeit drängt also. Doch es sieht offenbar gut aus. Der Innenausbau und die technischen Installationsarbeiten liefen auf Hochtouren, so Tim Müller. Im Dezember kommen die von einer Rostocker Agentur gestalteten Texttafeln und werden an die Ausstellungsmöbel montiert.

Außen entstehen aktuell die Fundamente für die Umrahmung des Glaspavillons. Auch eine Treppe wird gebaut. Bereits eingesetzt ist ein original Pfahl aus dem Heimkehrerlager Gronenfelde, der wie ein Denkmal am Eingangsbereich an den Menschenumschlagplatz Frankfurt (Oder) erinnern soll.

Die Ausrichtung der Gedenkstätte hin zur Oderpromenade (bisher befand sich der Eingang in der Collegienstraße) ist ein Grundgedanke des neuen Konzeptes. Damit verbunden sein wird auch eine Öffnung für ein deutsch-polnisches, internationales Publikum. „Wir stellen uns nicht nur sprachlich deutsch, polnisch und englisch auf. Es werden auch deutsch-polnische Inhalte und Beispiele zu sehen sein“, erläuterte Konrad Tschäpe, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums. Er informierte in dem Ausschuss über die inhaltliche Neugestaltung der Gedenkstätte.

Startpunkt für Besucher ist künftig der gläserne, umrahmte Eingangsbereich. Dort wird – in nunmehr reduzierter, knapper Form – an Medienstationen auf das Heimkehrer-Thema eingegangen. Im ersten großen Ausstellungsraum, der bis zum Umbau brachlag, geht es dann auf Text- und Bildtafeln, in Zeitzeugeninterviews, Videostationen, Leseecken und Ausstellungsvitrinen um die NS-Zeit.

Raum Nummer 2 richtet den Blick auf die sowjetische Besatzung. Zugleich ist der Raum selbst historisch besonders belastet: Von 1950 bis 1952 seien hier Menschen mit der Guillotine enthauptet worden, berichtete Konrad Tschäpe. Optisch soll die Ausstellungsfläche hier deshalb in zwei Bereiche geteilt werden: In der einen Hälfte geht es um die SBZ-Jahre in Frankfurt (Oder) sowie um Sibirien-Deportierte in Słubice, in der anderen um Hinrichtungen und Todesurteile während des Nationalsozialismus, der Sowjetbesatzung und in der DDR.

Einblicke in früheren Zellentrakt

Der dritte Ausstellungsraum thematisiert staatliche Repressionen und Inhaftierungen zu DDR-Zeiten, geht aber auch auf die friedliche Revolution 1989 ein. Zugleich kann der Raum für Vorträge oder Workshops, zum Beispiel mit Schülern, genutzt werden. Darüber hinaus werden sich auch künftig Teile des erhaltenen, früheren Zellentraktes als authentischer Ort besichtigen lassen.

Geplant ist, in allen Räumen Angebote zum Vertiefen vorzuhalten: Lesebücher mit Dokumenten, Hintergründen, Glossaren. Denn auf den mehrsprachigen Texttafeln ist der Platz begrenzt. Wie überhaupt in den von der Gedenkstätte genutzten Räumen des Gebäudes, in dem auch die Musikschule und die Bibliothek angesiedelt sind. Aber mit den Kompromissen können Tim Müller und Konrad Tschäpe trotzdem gut leben. Die „Untiefen der Stadtgeschichte“ könnten, so der Museumsleiter, nun endlich „besser ausgeleuchtet werden“.

Ausrichtung hin zur Oder ist ein Grundgedanke des neuen Konzeptes für die Gedenkstätte.

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