Dramatisch schlechte Auftragslage in der Industrie

  • Der Portalkran am KV-Terminal in Frankfurt (Oder): Die aktuellen Konjunkturdaten der IHK Ostbrandenburg sind weniger erfreulich. Foto: Thomas Gutke

Unternehmen Die aktuellen Konjunkturdaten der IHK für Ostbrandenburg zeichnen ein düsteres Bild.

Rückläufige Umsätze und Mitarbeiterzahlen, leere Auftragsbücher: Die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) für den Herbst 2025 zeichnet vor allem für die Industrie ein alarmierendes Zustandsbild.

Über alle Branchen hinweg gebe es mit Blick auf den Konjunkturklimaindex gegenüber dem Frühjahr zwar nur wenig Veränderungen. Dies aber hänge vor allem mit einem leichten Aufschwung in der Baubranche und bei den kleineren Betrieben (weniger als 50 Mitarbeiter) zusammen, berichtete Monique Zweig, Hauptgeschäftsführerin der IHK Ostbrandenburg, bei der Vorstellung der Konjunkturdaten am Donnerstag.

Ganz anders sieht es bei den größeren Industriebetrieben in der Region aus, die rund zehn Prozent aller Unternehmen in Ostbrandenburg ausmachen und wozu unter anderem Ankerbetriebe wie PCK, ArcelorMittal, Cemex und Tesla gehören. Viele Unternehmen hätten aktuell mit Problemen zu kämpfen.

Leere Auftragsbücher

Monique Zweig sprach von einem „Tiefpunkt“ und einem „dramatischen Zustand im verarbeitenden Gewerbe“. Über einen Zeitraum von 14 Jahren habe es in den Befragungen „noch nie einen so niedrigen Auftragsvorlauf gegeben wie derzeit“, so die IHK-Chefin. 59,4 Prozent der Industriebetriebe hätten demnach Auftragsrückgänge zu verzeichnen, bei 36,9 Prozent habe sich an der Auftragslage nichts verändert und nur bei 3,7 Prozent sind die Auftragsbücher voller als bei der letzten Befragung.

Die besorgniserregende Entwicklung in der Industrie schlägt sich auch in weiteren Wirtschaftsdaten aus der Region nieder. So verzeichneten Betriebe aus dem verarbeitenden Gewerbe in Ostbrandenburg einen deutlichen Umsatzrückgang – laut IHK und Statistikamt von 7,3 Milliarden im ersten Halbjahr 2024 auf 5,9 Milliarden im ersten Halbjahr 2025. Die Zahl der Beschäftigten im Jahresdurchschnitt sank im gleichen Zeitraum von 25.605 auf 25.090. „Die Industrie baut ab. Hier sehen wir ganz klar die Tendenz zu Rationalisierung und Einsparungen“, so Monique Zweig.

Ebenfalls kein gutes Zeichen: Die sinkende Investitionsbereitschaft. Wenn Geld in die Hand genommen wird, handelt es sich vor allem um Ersatzinvestitionen – Produktinnovationen oder Klima- und Umweltschutz fielen hinter runter, erklärte die Hauptgeschäftsführerin.

Entlastungen erwartet

Den Eindruck, dass die Industrie nicht nur in Ostbrandenburg, sondern in ganz Deutschland aktuell zu kämpfen hat und in der Krise steckt, kann auch Anja Bölicke bestätigen. Sie ist Geschäftsführerin bei der indie Semiconductor FFO GmbH, die hochmoderne Sensor- und Radartechnologie vor allem für die Automobilbranche, aber auch für andere Industriebereiche und Branchen entwickelt. „Die Industrienachfrage sinkt, die Bedingungen sind aktuell denkbar schwierig“, erklärte sie. In den Räumen ihres Unternehmens wurden am Donnerstag die Konjunkturdaten vorgestellt.

Vor allem die überbordende Bürokratie mache es Unternehmen schwierig, zu wachsen, kritisierte Anja Bölicke. Es gebe heute viele Dokumentationspflichten, Kontrollaufgaben und Regelungen, die es vor 15, 20 Jahren, als sich ihr Unternehmen aus dem IHP heraus als Silicon Radar gegründete, noch nicht gegeben habe. „Das verlangt zunehmend Ressourcen, die ich alle mitbezahlen muss“, berichtete die Unternehmerin. Die neue Bundesregierung habe hier viele Erwartungen noch nicht erfüllt. Zwar gebe es einen Gipfel nach dem nächsten, spürbare Entlastungen für die Wirtschaft aber seien noch nicht dabei herausgekommen.

Auch in der Konjunkturumfrage der IHK werden die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen von den Unternehmen am häufigsten als wirtschaftliches Risiko genannt. Darunter fielen zum einen der bürokratische Aufwand bei der Unternehmensführung oder für Fördermittelprogramme, erläuterte Monique Zweig. Zum anderen gehe es um den Zugang zu Fachkräften, um Energiepreise und um langfristige Planungssicherheit am Standort. Zum Start der neuen Bundesregierung sei der Optimismus bei den Unternehmen insgesamt etwas größer gewesen als derzeit, so die IHK-Chefin.

Aber es gibt auch Ausnahmen. Eine leicht positive Entwicklung bei der Stimmungslage verzeichnet neben dem Gastgewerbe vor allem die Baubranche. „Dort hoffen viele auf den angekündigten Bauturbo und die Investitionen in die Infrastruktur aus dem Sondervermögen“, sagt Monique Zweig. Zudem entwickeln sich ihren Angaben zufolge gerade viele der kleineren Betriebe in Ostbrandenburg stabil, suchen nach neuen Mitarbeitern – und sichern damit „unsere Wirtschaft in der Region“.

Die Industrienachfrage sinkt, die Bedingungen sind aktuell denkbar schwierig.

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