Landtag wird Bühne für russischen Botschafter

  • Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Deutschland, wird im Landtag Brandenburg erwartet. Foto: Soeren Stache/dpa

Parlament Friedensinitiative oder Provokation? Das BSW hat Sergej Netschajew nach Potsdam eingeladen – für eine Ausstellungseröffnung. Das sorgt für Ärger.

Die vor Wochen verschickte Einladung ist unverfänglich. Das Bündnis Sahra Wagenknecht lädt im Landtag Brandenburg, wie andere Fraktionen auch, zur Eröffnung einer Kunstausstellung auf den Fluren der Fraktion ein. Dazu sind heute im großen Foyer vor dem Plenarsaal ein Empfang und eine Diskussion geplant.

Die Ausstellung selbst zeigt Bilder von Lea (1906–1977) und Hans Grundig (1901–1958). Das Künstler-Ehepaar genoss in der DDR für seine Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg hohes Ansehen. Die Podiumsdiskussion unter dem Motto „Krieg und Frieden und die Rolle der Kunst“ leiten die Publizistin Daniela Dahn und der Autor Torsten Harmsen.

Für Brisanz sorgt die Einladungsliste des BSW. Laut Fraktionschef Niels-Olaf Lüders haben der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, sowie sein Kollege aus Belarus und ein Vertreter Ungarns ihr Kommen zugesagt. Lüders betont, dass seine Fraktion die Botschafter der Ukraine, der baltischen Republiken und anderer Länder der ehemaligen Sowjetunion eingeladen hatte.

Auch westeuropäische Vertreter und der Botschafter der USA sollten sich an der Diskussion beteiligen. Allerdings gab es bis einen Tag vor der Veranstaltung keine weiteren Zusagen von Botschaftern, so Lüders.

Bei der Landtagsverwaltung hatte die Fraktion eine Veranstaltung von 130 Personen angemeldet.Ob es so viele werden, ist offen. Die SPD-Fraktion wird nicht teilnehmen. Zum einen, weil die Sozialdemokraten eine Klausurtagung durchführen. Zum anderen, weil es politische Bedenken gibt.

SPD ist wenig begeistert

„Wir wären nie auf die Idee gekommen, in einer Zeit, in der Russland seine Angriffe auf die Ukraine verschärft und wo ständig der europäische Luftraum verletzt wird, den russischen Botschafter einzuladen“, sagt Fraktionschef Björn Lüttmann. Er betont, dass die beiden Koalitionäre in außen- und sicherheitspolitischen Fragen unterschiedliche Auffassungen vertreten und da auch nicht zusammenkommen. Deshalb konzentriere man sich auf Landesaufgaben. Ansonsten scheint die SPD den kleineren Koalitionspartner gewähren zu lassen.

Die sozialdemokratische Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke erklärte, dass es Sache der Fraktionen sei, Veranstaltungen zu organisieren und sie bei ihren Einladungen freie Hand haben. Sie verwies ausdrücklich darauf, dass es keine Veranstaltung des Landtages sei.

Lüders setzt auf Diplomatie

Die Mitglieder der Landesregierung werden nicht an der Veranstaltung teilnehmen, erklärte Regierungssprecherin Ines Filohn. Aus dem Haus von Finanzminister Robert Crumbach, selbst Mitglied der BSW-Fraktion, hieß es, dass er eine andere Verpflichtung hat. Auch Gesundheitsministerin Britta Müller ist verhindert.

Die CDU-Fraktion wird die Veranstaltung ebenfalls nicht besuchen. „Russland ist mit seinem grausamen Krieg für den Tod Hunderttausender Menschen verantwortlich. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verschleppt und Krankenhäuser bombardiert. Wer den russischen Kriegstreibern eine Bühne bietet, hat mit Frieden nichts am Hut“, erklärte Fraktionschef Jan Redmann. 

„Ich kann nur jedem raten, der Veranstaltung des BSW fernzubleiben. Wer dort mitmacht, macht sich – ob gewollt oder nicht – zum stillen Teilhaber russischer Kriegspropaganda“, ergänzte er in einer Stellungnahme. Auch die Grünen, seit einem Jahr nicht mehr im Landtag vertreten, meldeten sich zu Wort. Landeschef Clemens Rostock sprach von einer gezielten Provokation. „Wer in Zeiten eines andauernden Angriffskrieges Vertreter des Aggressors zu offiziellen Veranstaltungen einlädt, verhöhnt die Opfer des Krieges und beschädigt das Ansehen des Brandenburger Landtags“, erklärte er.

Für Lüders soll dagegen ein Friedensappell von der Veranstaltung ausgehen. Man müsse der Diplomatie eine Chance geben. „Jeder Kontakt ist in der heutigen Zeit Gold wert“, erklärte er am Vortag Ausstellungseröffnung.

Kommentar

CDU warnt vor russischer Propaganda im Landtag, Grüne sehen Provokation.

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