Im Rausch der tausend Farben

  • Bunte Reise in die Welt der Träume: Szene mit Tänzerinnen aus der Grand Show „Blinded by Delight“ im Berliner Friedrichstadt-Palast JOHN MACDOUGALL

Bühne „Blinded by Delight“, die neue Grand Show des Berliner Friedrichstadt-Palasts, steht kurz vor der Premiere. Ihre Umsetzung brauchte zwei Jahre, kostete Millionen und ließ die Macher bisweilen zittern.

Tausend Lichter, tausend Farben! Komm’ und schau’ dich um“, singt Julian David alias Traum. Der Sänger im funkelnden Outfit übertreibt nicht. Mehr als ein Dutzend Tänzerinnen in rosa Federkleidern dreht sich hinter ihm. Eine von ihnen sticht in kräftigem Gelb aus der flamingofarbenen Masse heraus. Den Rücken der riesigen Showbühne des Friedrichstadt-Palasts zieren florale Muster. Sie leuchten in allem, was das Farbspektrum bereithält.

„Blinded by Delight“, also „Geblendet vor Entzücken“, hat das Berliner Revuetheater seine neue Grand Show getauft. „Eine bewegende Reise in die Welt der Träume und des Glücks“ soll sie dem Publikum bieten, versprechen die Macher.

Für das Kostümdesign zeichnet diesmal Jeremy Scott verantwortlich. Etwa 500 Kostüme hat der US-amerikanische Stardesigner entworfen. Die Entwürfe des 50-Jährigen gleichen einer Farbexplosion, irgendwo zwischen Pariser Laufsteg und den Bühnenoutfits moderner Popstars. Mehr als vier Millionen funkelnde Kristalle zieren allein die Kostüme der berühmten Kickline-Tänzerinnen.

Es ist die bislang teuerste Produktion des Hauses. Kostenpunkt: 15 Millionen Euro. Geld, das eine gigantische Show finanziert. Rund 100 Künstler stehen auf der Bühne, darunter 15 Akrobaten.

Im Hintergrund, in Maske, Kostüm oder Licht, arbeiten weitere 80 Menschen. „Ein riesiges Uhrwerk“ nennt es der Intendant des Friedrichstadt-Palasts, Bernd Schmidt. Die ersten Previews laufen bereits. Bis zur Premiere am Mittwoch sei aber noch einiges zu tun, so Schmidt. „Hunderte Sachen stehen noch auf der Liste.“

Es ist vor allem die Liste von Regisseur und Autor Oliver Hoppmann. „Wir versuchen, die Show immer noch zu verfeinern“, sagt er kurz vor der Premiere. Effekte, Kostümdesigns, Lichtkorrekturen, in vielen Bereichen wird noch feinjustiert. „Es geht darum, den Blick und die Energie des Publikums mitzuleiten“, erklärt Hoppmann. Die Erfahrungswerte der Previews wolle man einarbeiten.

Es sind die letzten Meter eines Prozesses, der fast zwei Jahre in Anspruch genommen hat. Am Anfang stand ein Gedanke: „Was wäre, wenn wir eines Tages in einer traumhaften Welt aufwachen, einer Welt des Glücklichseins?“ Das habe ihn Bernd Schmidt gefragt, so Hoppmann. „Da sind vor meinem inneren Auge sofort Showbilder entstanden.“ Was folgte, waren Text- dokumente, ein erstes Konzept, ein Storyboard-Workshop mit einem Illustrator, unzählige Gespräche – kurz: die Theorie.

Um diese Theorie Realität werden zu lassen, brauchte es Designer, Choreografen, Komponisten, Bühnenbildner, Darstellende, die Showband, das Tanzensemble, Akrobaten. „Erst durch ihr Talent, ihr Können, ihre fantastischen Wesenszüge wird diese Show zu etwas ganz Besonderem“, unterstreicht Hoppmann. Selten gleicht eine fertige Grand Show den ersten Ideen. Traurig ist der Kreativdirektor des Friedrichstadt-Palasts darüber nicht: „Ich empfinde es viel besonderer. Es ist besser, weil es die Leistung eines Kollektivs ist.“

Eine Grand Show am Friedrichstadt-Palast vergleicht Hoppmann, der einst als Praktikant am Haus angefangen hatte, mit einer logistischen Herkulesaufgabe. Wie international diese bei „Blinded by Delight“ mitunter war, veranschaulicht er anhand der BMX-Showeinlage, für die extra ein Rampenparcours gebaut werden musste. Entworfen wurde er von einem Experten in Montreal, umgesetzt von einer französischen Firma, die in China herstellt.

Doch kurz bevor die Proben losgehen sollten, waren die Rampen noch nicht im Hamburger Hafen angekommen. „Das war wirklich ein Herzschlag-Finale“, erinnert sich der Regisseur. Ein wenig sei man damals ins Zittern gekommen. „Bringt man eine neue Akrobatik zusammen, braucht es schließlich jeden einzelnen Probentag, um etwas Spektakuläres auf die Bühne zu bekommen.“

Fahrbare Wasserfläche

Doch auch hausgemachte Aufgaben sollten sich als Herausforderung erweisen. Für seine Grand Shows spielt der Friedrichstadt-Palast immer wieder mit den Elementen. Auch für „Blinded by Delight“ wird mit Wasser auf der Bühne gearbeitet. „Wir wollten die größtmögliche Wasserfläche auf die Bühne bringen, die selbst unser Haus so noch nicht gesehen hat. Groß genug, um darin zu tanzen.“ Das Problem: Das Bühnenbild wechselt mit jeder Szene. „Die Fläche musste also fahrbar sein“, erklärt Hoppmann. Dies zu ermöglichen, ohne dass das Wasserbecken überschwappt, sei eine „Riesenherausforderung“ gewesen.

Am Ende ist es dem Team des Friedrichstadt-Palasts gelungen. Und so steht die bunte Grand Show fast sinnbildlich für die Geschichte, die sie erzählt. Denn in „Blinded by Delight“ gehe es um die Frage, ob Träume wahr werden können oder für immer Illusion bleiben. „Wir beantworten das ganz klar mit einem Happy End“, betont Regisseur und Autor Hoppmann: „Ja, Träume können Realität werden.“

Die Premiere von „Blinded by Delight“ findet am Mittwoch statt. Die Laufzeit der Show ist bis Sommer 2027 geplant. Termine und Tickets unter www.palast.berlin

Regisseur und Autor Oliver Hoppmann spricht von einer logistischen Herkulesaufgabe.

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