Mehr Lohn gefordert

  • Verdi rief Beschäftigte im Einzel- und Großhandel zum Streik auf. Am Freitag beteiligten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kaufland aus Frankfurt und Seelow. Philipp Stepputtis

Ausstand Erneut hat die Gewerkschaft Verdi zu Arbeitsniederlegungen im Einzelhandel aufgerufen. Auch in Frankfurt beteiligen sich Angestellte von Kaufland.

Der Freitag ist zum Streik-Tag in Frankfurt geworden. Eine Gruppe Beschäftigter der drei Kaufland-Filialen in der Stadt sowie Kollegen aus Seelow trafen sich vormittags zum Ausstand an der Heilbronner Straße.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi möchte für die Beschäftigten im Einzel- und Großhandel in Berlin und Brandenburg höhere Löhne durchsetzen. Die aktuelle Tarifrunde läuft seit dem Sommer. Daniel Wegener ist Kaufland-Mitarbeiter in West und Versammlungsleiter. Er zeigte sich mit dem bisherigen Angebot der Arbeitgeberseite noch nicht zufrieden. „Wir wollen weiter den Druck erhöhen“, sagte er zum abermaligen Streik-Tag.

2,50 Euro pro Stunde mehr

Die Gewerkschaft fordert nach eigenen Angaben im Einzelhandel 2,50 Euro mehr Entgelt pro Stunde und ein Mindeststundenentgelt von 13,50 Euro. Im Großhandel soll es 13 Prozent mehr Lohn geben. In beiden Branchen soll nach Wunsch der Arbeitnehmerseite die Ausbildungsvergütung überproportional erhöht werden. Die Gewerkschafter hoffen außerdem auf die gemeinsame Beantragung der Allgemeinverbindlichkeit (AVE) des Tarifvertrages im Einzelhandel. Die Laufzeit solle auf zwölf Monate verkürzt werden.

Die Arbeitgeberseite bleibt laut Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) bei ihrem bisherigen Angebot aus dem Sommer. Es sieht bei zweijähriger Tariflaufzeit vor, die Löhne und Gehälter um 5,3 Prozent im ersten Tarifjahr zu erhöhen, im zweiten Jahr um 3,1 Prozent.

Die Ausbildungsvergütung soll laut HBB im ersten Schritt um 50 Euro angehoben werden, im zweiten Jahr um 3,1 Prozent steigen. Der tarifliche Mindestlohn würde nach diesen Vorstellungen in zwei Schritten zunächst auf 13 und später auf 13,50 Euro steigen. Als steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie für 2023 boten die Arbeitgeber 450 Euro an, Azubis würden 200 Euro erhalten. Wer in Teilzeit arbeitet, bekäme die Prämie anteilig – im Einzelhandel arbeiten viele Frauen, oft in Teilzeit.

Die angebotene Lohnsteigerung ist der Gewerkschaft zu wenig: 5,3 Prozent entspräche „einer Erhöhung der Stundenlöhne von gerade einmal 0,90 Euro“, so Verdi. Selbst die eigenen Forderungen würden in Zeiten der jetzigen Inflation bloß ein „kleines Reallohnplus“ darstellen, sagte Daniel Wegener.

Alle Filialen geöffnet

Kaufland habe ab Oktober begonnen, die angebotene 5,3-prozentige Lohnsteigerung auf freiwilliger Basis zu zahlen, führte der Kaufland-Mitarbeiter fort. „Doch das können die jederzeit zurückziehen.“ Er vermutet dahinter das Ziel, die Streikbeteiligung der Mitarbeiter gering zu halten. Am Freitag jedenfalls waren die drei Frankfurter Filialen für Kunden geöffnet. Viele Mitarbeiter beteiligten sich nicht an dem Streik. Dort, wo es Personalengpässe in Brandenburg gegeben habe, hätte die Firma Personal von anderswo hinzugezogen, erklärte Daniel Wegener.

„Für die Beschäftigten bedeuten diese Löhne in der Zukunft ein Rentenniveau, das zur Altersarmut führt“, kritisierte Verdi. Der Linken-Stadtverordnete Jan Augustyniak drückte vor Ort in der Heilbronner Straße seine Solidarität aus. „Die Beschäftigten brauchen umgehend tabellenwirksame Tarifsteigerungen, weil sie sich keine weiteren Reallohnverluste leisten können. Ich fordere von den Arbeitgebern, dass sie sich endlich aus ihrer Blockadehaltung herausbewegen und ein abschlussfähiges Angebot vorlegen.“

Wann die Verhandlungen weitergehen, bleibt unklar. Der letzte Verhandlungstermin sei durch Verdi aus gesundheitlichen Gründen abgesagt worden, sagte HBB-Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen auf Nachfrage. Ein neuer Termin sei leider noch nicht in Sicht.

Wann die Verhandlungen weitergehen, bleibt unklar.

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